Werden alle Menschen gerettet? Und worauf es wirklich ankommt:

„Der Herr hat uns alle mit dem Blut Christi erlöst, nicht nur die Katholiken. Alle! ‚Pater, und die Atheisten?’ Auch sie. Alle! Und dieses Blut macht uns zu Kindern Gottes erster Klasse! Wir sind als Kinder nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen worden und das Blut Christi hat uns alle erlöst!“

Papst Franziskus, 22. Mai 2013

Sind wir also tatsächlich alle erlöst? Egal ob wir glauben? Sind die Atheisten tatsächlich, einfach so, ohne weiteres, wie der Papst das hier darstellt, erlöst? Das kommt darauf an, was man genau meint. Ich bin natürlich kein renommierter Theologie, sondern nur ein einfacher Konvertit, der sich in den letzten vier bis fünf Jahren mit diesen Fragen ziemlich oft „herumgeschlagen“ hat. Soweit ich das verstanden habe, sagt die katholische Kirche zu der Frage, wer denn nun erlöst wird, folgendes:

1. Christus ist für alle Menschen gestorben, d.h. jedem einzelnen Menschen ist das Tor in den Himmel, der Weg der Umkehr zurück zu Gott, offen. Niemand, absolut niemand, ist von dieser Chance ausgeschlossen. Jeder kann die von Christus angebotene Erlösung annehmen. Sie ist ein Geschenk, und wie alle Geschenke erhält man es „gratis“, also aus Gnade. In diesem Sinne kann man sagen, dass Christus sein Blut für alle Menschen vergossen hat, auch für die Atheisten. [Das bedeutet auch, dass man die Worte des Heiligen Vaters nicht so heterodox auslegen muss, wie sie auf den ersten Blick erscheinen, auch wenn sie mindestens unglücklich gewählt bleiben.]

2. Doch es reicht nicht, wenn Christus uns dieses „Geschenk“ macht. Wir müssen das Geschenk auch annehmen.

3. Die Taufe ist heilsnotwendig. Wer nicht getauft ist, kann nicht erlöst werden. Jemand, der unverschuldet keine Gelegenheit zu einer „normalen“ Taufe hatte, sich aber hätte taufen lassen, wenn er die Chance gehabt hätte, der kann erlöst werden (Begierdetaufe). Ebenso auch der nicht getaufte Märtyrer, dessen Martyrium eine wahre Taufe des Blutes ist.

4. Außerhalb der Kirche ist kein Heil. Mit Kirche ist hier die von Christus gestiftete Kirche gemeint, die die katholische Kirche ist, und nicht irgendeine nebelhafte, unsichtbare, faserige Gemeinschaft, die nur in den Herzen der Menschen existiert. Auch hier gilt wieder, dass es einige Menschen geben kann, die nicht Mitglied der sichtbaren katholischen Kirche sind, die aber diesen Mangel nicht verschuldet haben, und dem ihnen gegebenen göttlichen Licht gefolgt sind, so gut sie konnten. Auch diese können prinzipiell das ewige Heil erlangen.

5. Alle Menschen, die gerettet werden, werden durch Christus, und damit durch Seinen mystischen Leib, die katholische Kirche, gerettet. Auch diejenigen Erlösten, die außerhalb der sichtbaren Einheit der Kirche (Papst, Glaube, Sakramente) versterben, werden durch Christus und damit durch die Kirche erlöst.

6. Die falschen Religionen sind also keine Mittel des Heils. Allerdings finden sich in allen Religionen gewisse wahre Bruchstücke inmitten der Irrtümer. Christus selbst ist die Wahrheit. Insofern eine falsche Religion also die Wahrheit lehrt, hilft sie ihren Anhängern praktisch zur Wahrheit, und damit zu Christus zu gelangen. Doch wer durch so ein Trümmerstück der Wahrheit gerettet wird, der wird nicht durch die Irrlehren gerettet, mit denen das Trümmerstück in der falschen Religion vermengt worden ist, sondern durch Christus, und das heißt durch seinen mystischen Leib, also durch die katholische Kirche. Alle Wahrheit ist katholische Wahrheit. Niemand wird durch die falsche Religion erlöst, sondern, wenn überhaupt, trotz der falschen Religion, durch die wahre.

7. Wir wissen nicht, welche individuellen Menschen gerettet werden, abgesehen von den kanonisierten Heiligen. Einerseits reicht die sichtbare Gemeinschaft der Kirche nicht aus – man kann auch als Katholik die ewige Verdammnis erleiden, trotz aller Heilsmittel, die man hätte in Anspruch nehmen können – andererseits kann man auch außerhalb der sichtbaren Gemeinschaft der Kirche erlöst werden – man kann z.B. auch als Atheist dem göttlichen Licht so gut wie möglich folgen und dadurch implizit die Entscheidung für das universelle Heilsangebot Gottes treffen, die dann durch die Gnade Gottes zur Rettung genügt.

8. Aus den genannten Gründen ist es theoretisch kein Widerspruch in sich, wenn man annehmen würde, dass alle Menschen erlöst würden. Jedoch sagt Gott selbst in der Bibel eindeutig, dass viele nicht den schmalen Pfad in den Himmel, sondern den breiten Weg in die Hölle nehmen. Dies allein reicht schon aus, um jegliche Allerlösungslehre kategorisch auszuschließen. Zudem haben wir das konstante Zeugnis der gesamten Überlieferung bis zu dem Pastoralkonzil der 60er-Jahre, und das überwältigende Zeugnis der Heiligen. Diese Zeugnisse sagen praktisch übereinstimmend, dass die Zahl der Verdammten gewaltig und die Zahl der Auserwählen gering ist.

9. Diese Zeugnisse geben uns keine „Bevölkerungsstatistik“ von Himmel und Hölle an die Hand. Wir können nicht sagen, „90% werden verdammt und 10% werden erlöst“ (oder umgekehrt). Wir kennen die Zahlen nicht und es ist müßig, zu viel über sie zu spekulieren. Was wir jedoch wissen, ist dass nicht alle Menschen gerettet und nicht alle verdammt werden.

10. Aus dem, was man über die Heilsnotwendigkeit von Taufe, Kirche, wahrem Glauben sagen kann, folgt eindeutig, dass jemand, der ungetauft, fern der Kirche und ungläubig verstirbt, eher schlechte Chancen hat (auch wenn wir es nie genau wissen können), während ein Katholik, der nach besten Kräften der Kirche und dem wahren Glauben gefolgt ist, die besten Chancen haben wird (auch wenn man es nie mit Sicherheit wissen kann).

Zusammenfassung: Gott will alle Menschen erlösen, doch der Mensch hat Freien Willen. Er ist wirklich in der Lage, zu Gott „ja“ oder „nein“ zu sagen. In letzter Konsequenz akzeptiert Gott die freie Entscheidung des Menschen.

Jeder Mensch, und sei er noch so verdorben, kann durch das „ja“ zu Gott erlöst werden.

Jeder Mensch, und sei er noch so vortrefflich, kann durch das „nein“ zu Gott verdammt werden.

Und das ist es letztlich, worauf es wirklich ankommt: Ob wir das ewige Heil oder die ewige Verdammnis erlangen, hängt von unserer Willensentscheidung für oder gegen Gott, für oder gegen Christus, seinen Sohn, ab.

Wir werden nicht alle erlöst, weil nicht alle „ja“ zu Gott sagen.

Daraus folgt ganz klar: Sagen wir hier und heute „ja“ zu Gott, ja zu Christus, ja zu der einen, wahren von ihm eingesetzten Kirche, ja zum ganzen überlieferten Glauben, ja zu den Sakramenten, ja zum Papst, ja zu einem heiligmäßigen Leben nach den Geboten Gottes, kurzum „ja“ zu dem Erlösungsangebot, das Christus uns durch Sein Blut zum Geschenk gemacht hat.

Homosexualität (5/5)

Die Möglichkeit der Umkehr

Der Mensch ist ein verunstaltetes Meisterwerk. Wunderschön, aber gebrochen. Er bedarf eines großartigen, göttlichen Arztes, um ihn wieder zusammenzuflicken. Dieser göttliche Arzt, Jesus Christus, gibt all diesen gebrochenen Meisterwerken, die auf Erden umherlaufen – ob homosexuell oder nicht – die einzigartige Chance, alle Wunden, alle Brüche zu heilen, wenn sie nur ihre Einwilligung zu der Therapie aus vollem Herzen geben. Diese Therapie heilt aber nicht die äußeren Wunden, sondern die Sünden, die der Mensch auf sich geladen hat. Und diese Sünden sind, wenn man sie nicht vom göttlichen Arzt heilen lässt, wirklich wie innere Verletzungen, die uns Menschen von innen ausbluten lassen, bis wir als blutleere Sklaven der Sünde in die ewige Verdammnis marschieren.

Doch wir, verunstaltete Meisterwerke die wir sind, können (unabhängig von unseren diversen sexuellen Perversionen) von unseren Sünden gereinigt werden, indem wir uns dem göttlichen Arzt aus freiem Willen und mit ganzem Willen hingeben, einwilligen in die Therapie, die er für uns vorgesehen hat, auch wenn diese Therapie oberflächlich betrachtet unangenehm oder gar schmerzhaft ist. Eine solche Einwilligung erfordert aber Vertrauen: Vertrauen, dass Jesus Christus uns nicht enttäuschen wird, dass er immer für uns da sein wird, dass er, auch wenn die Therapie gerade einmal besonders schmerzhaft ist, uns liebt, uns tröstet und uns schützt. Diese Einwilligung in die Therapie des großen göttlichen Heilers ist für alle Menschen gleichermaßen notwendig. Jeder von uns ist ein gebrochenes Meisterwerk. Homosexuelle ebenso wie notorische Faulenzer, gierige Raffzähne, und all die anderen wunderbar liebenswerten, scheußlichen, unnachahmlichen, unerträglichen, unverzichtbaren Sünder, die diesen Planeten bevölkern. Jeder von uns bedarf der Therapie des großen göttlichen Heilers. Niemandem von uns ist damit gedient, eine bestimmte Gruppe von Sündern besonders an den Pranger zu stellen. Aber ebenso ist niemandem damit gedient, eine Gruppe von Sündern zu ignorieren, oder ihnen gar zu erzählen, sie bedürften der Heilung nicht.

Gottes Liebe für die Homosexuellen

Alle homosexuellen Menschen werden von Gott bedingungslos geliebt, und er möchte auf keinen einzigen von ihnen verzichten. Doch gerade deswegen darf die Kirche die Wahrheit nicht verschweigen. Ausgelebte Homosexualität ist, unabhängig von der Frage wie sie entstanden ist oder warum ein Mensch sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlt, eine Willensentscheidung. Niemand ist gezwungen mit einem anderen Menschen zu schlafen, gleich welchen Geschlechts. Und eine Willensentscheidung, die sich im Widerspruch zu der von Gott eingerichteten und in Bibel und Überlieferung bezeugten natürlichen Ordnung befindet, nennen wir eine Sünde. Das ist schlicht und ergreifend der Fall und niemandem ist damit gedient, dies zu leugnen.

Gott liebt die Homosexuellen. Deswegen will er sie auch bei sich im Himmel haben. Und daher legt er großen Wert darauf, dass sie ihre Schwächen so weit wie möglich schon in diesem Leben bekämpfen, statt ihre Schwachheit zu leugnen. Wir alle sind schwach. Wir alle werden manchmal schwach. Das ist in Ordnung. Gott kennt unsere Schwäche. Dafür hat er größtes Verständnis. Doch wer fällt, der soll wieder aufstehen – und Gott hilft ihm hoch. Wieder und wieder und wieder und wieder… sooft wie nötig. Gott ist geduldig mit uns. Doch alle Geduld der Welt reicht nicht aus, um jemandem hochzuhelfen, der von sich behauptet, er sei gar nicht gefallen.

Die „stolze“ Homosexuellenlobby

Und damit kommen wir zum letzten Problem. Heute ist es oft so, dass homosexuelle Menschen nicht nur die Lehre der Kirche ablehnen und privat homosexuell sind, ohne sich deswegen als Sünder zu fühlen, sondern auf ihre spezielle Sexualneigung einen gewissen Stolz entwickeln. Sie paradieren durch die Straßen, als ob ihre bestimmte Sexualneigung irgendwie öffentlichen Wert hätte. (Paradoxerweise sind das dieselben Leute, die ständig erklären, ihre Sexualität sei privat und gehe den Staat und die verklemmte Gesellschaft nichts an!)

Diese Gruppe von Homosexuellen leugnet nicht nur, dass ihr Verhalten sündig ist, sondern predigt ihre spezielle Sünde der ganzen Welt als wundervolle Sache. Damit weigern sie sich nicht nur selbst, die Gnade Gottes anzunehmen, sondern sie ermutigen auch Andere, dem Weg fort von Gott zu folgen. Das ist wesentlich schlimmer als nur homosexuelle Akte durchzuführen. Für diese Propagandisten kann die Kirche kein besonders großes Verständnis aufbringen. Selbst zu sündigen ist schlimm genug, doch andere zur Sünde zu animieren oder die Sünde als feiernswert darzustellen ist wesentlich schlimmer. Um wieder auf unser Beispiel mit dem Arzt zurückzukommen: Es ist schlimm genug, seine Krankheit nicht behandeln zu lassen, doch dann draußen herumzulaufen und andere anzustecken setzt dem ganzen die Krone auf.

Vermutlich sind diese „stolzen“ Homosexuellen nach wie vor eine Minderheit. Die meisten Homosexuellen – selbst diejenigen, die die Lehre der Kirche ablehnen – wollen ihren Trieben privat frönen und tun dies auch. Aber es gibt eben auch die radikalen Aktivisten, und das sind die öffentlich sichtbaren Propagandisten einer letztlich moralfreien Sexualität, in der nur noch die Verwirklichung des eigenen Triebes und kurzfristigen Willens zählt, und der andere, der Partner, wahrhaft zum Objekt des Triebes statt zum Subjekt der Liebe wird. Diese Propagandisten können nicht für sich reklamieren, einfach nur das zu leben, was ihre Triebe ihnen sagen.

Schlusswort

Abschließend lässt sich formulieren, dass die Trennung von Sünde und Sünder eine differenzierte Beurteilung der Problematik der gleichgeschlechtlichen Sexualakte ermöglicht. Der Sünder wird geliebt, und gerade deswegen ist die Sünde entschieden abzulehnen.

Homosexualität (4/5)

Der rechte Abgrund

Natürlich, wenn ein Homosexueller stolz auf seine Sexualneigung ist, dann hat er in unserer Gesellschaftsordnung das Recht dazu. Und er kann auch die liebevolle Belehrung durch die Kirche jederzeit ignorieren. Zwang ist grundsätzlich abzulehnen – Bekehrung, Umkehr, Kampf gegen die Sünde kann nicht erzwungen werden, sondern nur aus einer Haltung der Einsicht und einer Willensanstrengung erwachsen.

Wir dürfen den Menschen nicht so lassen wie er ist, denn er ist ein Sünder. Wir müssen den Menschen so annehmen wie er ist, bis auf die Sünde. Doch auch wenn diese Gefahr – die linke Seite des Abgrundes in unserer Metapher – real ist, so gibt es doch auf der anderen Seite eine weitere Gefahr. Denn es gibt – auch in der katholischen Kirche – immer wieder Personen, die Homosexualität an sich als Sünde titulieren, die zum Himmel schreie, als schecklichste Perversion und einiges mehr. Doch auch hier liegt ein nicht ganz falsches, aber eben auch nicht ganz richtiges Fragment der Wahrheit vor. Ja, gelebte Homosexualität ist moralisch verwerflich, und sie ist von Natur aus fehlgeordnet, selbst wenn sie nicht gelebt wird (doch an der natürlichen Fehlordnung trägt der einzelne Homosexuelle keine Schuld). Doch diese „rechte Seite des Abgrunds“ übersieht ein wesentliches Prinzip: Wir sollen zwar die Sünde (in diesem Falle gelebte Homosexualität) hassen, doch den Sünder lieben. Denn der Sünder ist ein unnachahmliches, einzigartiges Abbild Gottes, ein Mensch, eine Person. Doch die Sünde ist nichts dergleichen. Die Sünde ist die schreckliche Perversion, die zum Himmel schreit. Die Sünde, nicht der Sünder, verdient unsere Ablehnung. Der Sünder verdient unser Verständnis, unsere Unterstützung und (wenn er es wünscht) unsere Hilfe. Er verdient all das in seinem Kampf gegen die Sünde.

Der Fehler derjenigen, die radikal gegen Homosexuelle predigen, die (vor allem in manch vergangener Zeit) wirklich den Eindruck erweckten, als kämen Homosexuelle automatisch in den wärmsten Teil der Hölle, besteht darin, dass sie es unterlassen den Sünder von der Sünde zu trennen. Der Arzt trennt das Krebsgeschwür von seinem Patienten – er hasst den Krebs und liebt den Krebskranken. Er tut sein Möglichstes (wenn der Patient das will), um zu heilen, um den Patienten von seinem Krebs zu befreien. Im Felde der Chirurgie ist die Mitarbeit des Patienten während der Operation eher hinderlich, doch im Felde der Bekämpfung von Sünden ist sie unerlässlich. Das ist der Unterschied zwischen den beiden Fällen. Doch die Gemeinsamkeit ist wesentlich größer als der Unterschied. Sowohl der Arzt als auch der besorgte Katholik kämpft gegen etwas, das eindeutig übel ist (Krebs im einen Fall, Sünde im anderen) und vermag wohl zwischen dem Üblen und dem Guten zu unterscheiden. Der Arzt lehnt den Krebs ab, aber er lehnt den Krebs gerade deswegen ab, weil der Krebs den Patienten tötet. Er hasst den Krebs, weil er den Menschen liebt. Dasselbe gilt für den Katholiken. Er lehnt die Sünde (in diesem Fall gelebte Homosexualität) ab, nicht weil er etwas gegen den Homosexuellen hat, sondern weil er etwas für ihn hat. Er hasst die Sünde, weil er den Sünder liebt. Er hasst die Sünde, weil er den Sünder retten will.

Dies vergessen radikale Prediger gern. Sie verdammen den Sünder, weil er sündig ist, doch werfen dabei Sünder und Sünde in einen Topf. Der gute Katholik folgt allerdings dem Lehramt der Kirche und unterscheidet scharf, wie mit dem Skalpell, zwischen beidem. Er liebt den Sünder und hasst gerade deswegen die Sünde so sehr. Allerdings gebietet die Liebe gegenüber dem Sünder auch, dass man ihn als Person mit einer unveräußerlichen Menschenwürde anerkennt, und nicht gegen seinen Willen handelt. Man sollte also niemanden „umerziehen“ oder „ummodeln“. Aber man sollte jeden Menschen im Geiste brüderlicher Korrektur auf seine Schwächen, die man an ihm entdeckt, aufmerksam machen und ihm beim Kampf gegen sie helfen. Das gebietet die Nächstenliebe. (Freilich muss man dann auch in der Lage sein, mit einer ähnlichen Kritik, die sich gegen die eigenen Schwächen richtet, umzugehen. Man kann nicht den Splitter im Auge des Nächsten kritisieren, solange man vor dem Balken im eigenen Auge davonläuft, statt ihn zu bekämpfen. Und mit diesem Teil der Gleichung haben wir Menschen oft die größten Probleme.)

Liebt den Sünder – Hasst die Sünde

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass die kirchliche Position eine vorbildliche Balance zwischen Exzessen auf der linken und der rechten Seite darstellt. Auf der einen Seite sind diejenigen, die in ihrem wohlmeinenden Eifer, alle Menschen so anzuerkennen wie sie sind, die Sünde gleich mit in den Rang des Würdesubjekts, das gefeiert werden soll, erheben. Auf der anderen Seite sind diejenigen, die in ihrem genauso wohlmeinenden Eifer nicht nur die Sünde selbst, sondern auch den schwachen Menschen, der sich in ihrem gierigen Griff befindet, verdammt. Doch oft genug können Menschen gar nichts für die Antriebe, mit denen sie aus Gewohnheit, aus psychologischen oder aus genetischen Gründen geschlagen sind, und vor denen sie immer wieder einknicken. In diesem Fall darf man niemals das Kind mit dem Bade ausschütten. Der Homosexuelle bleibt ein Sünder (wie wir alle), aber er bleibt auch ein Würdesubjekt, eine Person, die unsere unbedingte Anerkennung und unsere Liebe verdient. Die Kirche wendet sich mit gleicher Entschiedenheit gegen beide wohlmeinenden Irrtümer und propagiert die authentische Lehre Jesu Christi, durchzogen von größter Liebe gegenüber dem schlimmsten Sünder und daraus folgend einer tiefsitzenden Abneigung gegen die hässlichen Sündennarben, die das Antlitz Gottes in ihm verunzieren.

Homosexualität (3/5)

Der linke Abgrund

Nachdem nun einige populäre Irrtümer über die Haltung der Kirche zur Homosexualität beseitigt sind, wollen wir uns noch kurz der Frage zuwenden, was denn eigentlich die Haltung der Kirche ist.

Um die ausgefeilte Präzision der kirchlichen Position zu diesem Thema, die ganze Komplexität, verstehen zu können, muss man in den Blick nehmen, dass links und rechts neben der lehramtlichen Meinung der Kirche zwei gigantische, geradezu monströse Abgründe klaffen. Auf der einen Seite ist die Ansicht, der Mensch sei genauso zu akzeptieren wie er geschaffen worden sei, und daher dürfe man grundsätzlich niemanden für seine Anlagen und Triebe kritisieren. Denn schließlich sei der Mensch Gottes Schöpfung und Gott weiß was er tut, also ist ein homosexueller Mensch Gottes Wille. Daher, so sagen die Anhänger des Abgrunds auf der linken Seite, müsse man homosexuelle Menschen nicht nur mit offenen Armen empfangen, sondern sie geradezu ermutigen, ihre sexuelle Orientierung auch öffentlich auszuleben, sie positiv zu sehen, sie anzunehmen, nicht mehr gegen sie anzukämpfen und einiges mehr. Doch diese Position hat den riesigen Pferdefuß, dass sie die Glaubenswahrheit der Erbsünde übersieht. Worin besteht dieser Fehler?

Man stellt sich auf den Standpunkt, man müsse den Menschen so annehmen wie er ist. Das hört sich zunächst einmal tolerant und gut an. Und es ist ja auch nicht falsch. Es ist sogar fast richtig – aber eben nur fast. Man soll in der Tat alle Menschen so annehmen wie sie sind – bis auf die Sünde im Menschen. Die Sünde im Menschen trennt diesen im Extremfall von seinem höchsten Zweck (auf ewig das Angesicht Gottes zu schauen). Einen Menschen zu lieben heißt daher nicht nur ihn anzunehmen wie er ist, sondern auch darauf zu hoffen, dass er seine Sünden überwindet. Ja, wir sollen den Menschen annehmen wie er ist. Auch den Homosexuellen? Ja, auch ihn. Aber diese Annahme kann nicht übersehen, dass er einen heftigen Antrieb in sich hat, der ihn von Gott entfernt, der ihm damit objektiv betrachtet schadet. Seit der Erbsünde sind alle Menschen mit diversen moralischen Fehlern geschlagen. Bei Homosexuellen ist es eben eine Unordnung im Sexualbereich, andere bekommen diese Probleme in anderen Lebensbereichen. Doch wo auch immer die moralischen Fehler auftauchen – wahre Liebe gegenüber dem Menschen bedeutet, ihm diese Fehler nicht zu verschweigen und ihm auch nicht einzureden, die Fehler seien in Wahrheit gar keine Fehler.

Im Gegenteil! Wenn wir einen Menschen wirklich lieben, werden wir versuchen mit ihm an seinen Fehlern zu arbeiten. Niemand würde seinem Kind nach einer „5“ in Mathe sagen, Mathe sei doch nicht so wichtig und es solle doch einfach seine „5“ stolz annehmen, sie zelebrieren. Nein, das würden liebende Eltern nicht tun. Auch dann nicht, wenn das Kind aufgrund einer Matheschwäche niemals besonders gut wird werden können. Etwas besser als „5“ geht wahrscheinlich schon. Und dasselbe gilt auch für alle anderen menschlichen Schwächen, auch und gerade im Bereich der Moral. Homosexuelle sitzen damit wieder im selben Boot wie wir alle. Wahrscheinlich wird niemand von uns jemals völlig frei von der Sünde werden – aber wenn wir nicht mehr gegen sie ankämpfen, haben wir schon verloren. Auch Homosexuelle werden wahrscheinlich niemals ihren Trieb loswerden, doch das was zählt ist der Wille, der ernstliche Versuch, gottgefällig, heiliggemäß zu leben. Gottes Gnade wird den Rest dazutun, den ständig fehlenden Rest, den wir niemals aus eigener Kraft herbeischaffen können.

Doch wenn wir, wie die Anhänger des Abgrundes auf der linken Seite, die Sünde zelebrieren, feiern, mit dem gottgefälligen Verhalten „gleichstellen“ wollen, dann ist das ein immenser Fehler. Und es ist auch kein Ausdruck von Liebe, sondern höchstens von gleichgültiger Apathie gegenüber dem Betroffenen.

Homosexualität (2/5)

Wozu Sünden führen

Das Ergebnis aller Sünden ist allerdings die Entfremdung von Gott, da jede Sünde eine (zumindest implizite) Entscheidung gegen Gottes Willen und zugunsten des eigenen Willens darstellt. Jede Sünde ist in dieser Hinsicht eine Art Vergegenwärtigung des Sündenfalls, bei dem Adam und Eva sich gegen Gott entschieden, indem sie ihm nicht den liebenden Gehorsam entgegenbrachten, den sie Gott schuldeten, sondern lieber – seinem Willen trotzend – von dem Baum aßen, von dem er ihnen zu Essen verboten hatte. Jede Sünde ist eine Abwendung des Sünders von Gott. Lässliche Sünden sind kleinere Abwendungen von Gott, die das Band zwischen Mensch und Gott nicht zerschneiden, sondern nur schwächen. Todsünden sind so schwerwiegende Abwendungen, dass durch ihr Begehen der Sünder das ihn mit Gottes Gnade verbindende Band zerschneidet. Gott ist jedoch bei allen Sünden – auch bei schwersten Todsünden – bereit, den Sünder sofort wieder in seine liebevolle Umarmung aufzunehmen, wenn dieser durch echte Reue (und anschließenden Gebrauch des für diese Zwecke eingesetzten Sakraments) seinen diesbezüglichen Willen deutlich macht.

Verwerflichkeit gelebter Homosexualität

Gelebte Homosexualität, die die Kirche als Sünde ansieht, ist also ebenso wie alle anderen Sünden eine Abwendung von Gott. Warum ist sie das? Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen und ihnen aufgetragen fruchtbar zu sein und sich zu mehren. Zu diesem Zweck gab er dem Mann und der Frau einander ergänzende Sexualorgane, deren vornehmlicher Zweck in der Erfüllung eben dieses Auftrages zu finden ist. Homosexuelle Akte sind ihrer Natur nach aber grundsätzlich unfruchtbar, steril, nicht fähig neues Leben zu schenken. In dieser Hinsicht bewegt sich gelebte Homosexualität in derselben Kategorie wie künstliche Verhütung und ist aus demselben Grund moralisch falsch: Sowohl gelebte Homosexualität als auch künstliche Verhütung machen dem natürlichen Zweck der Sexualität sozusagen einen großen Strich durch die Rechnung. Doch sich dem Willen Gottes zu widersetzen ist eine Abwendung von Gott, da dieser, allmächtig, allwissend und gütig, das, was wirklich und wahrhaftig gut für uns ist, besser kennt als wir selbst (unser Verstand ist oft vernebelt von kurzlebigen Trieben, Ambitionen und Ablenkungen aller Art). Eine Abwendung von Gott ist aber nichts anderes als Sünde. Sünde trennt den Menschen von Gott. Homosexualität ist, sofern man sie auslebt, sündig, also trennt sie ebenso wie jede andere Sünde auch, den Menschen von Gott. Wir sitzen alle im selben Boot. Wir sind alle Sünder, wir alle haben Gottes Gnade schon oft durch unser Handeln auf die Probe gestellt. Homosexuelle nehmen hier wiederum keinerlei Sonderstellung ein. Sie verdienen wie jede Gruppe von Menschen, die mit einem schwer zu beherrschenden Drang zu sündhaften Handlungen ausgestattet ist, unser Mitgefühl, unsere Hilfe bei ihrem Kampf gegen ihre eigenen Schwächen.

Falsche Fährten: Krankheit

Ein letztes populäres Missverständnis ist noch, dass die Kirche Homosexualität als Krankheit sehe. Doch auch dies ist nicht der Fall. Ob die Anlage zur Homosexualität genetisch oder anerzogen ist, behandelt werden kann oder so tief im Menschen sitzt, dass eine Behandlung unmöglich ist, all diese Fragen haben absolut nichts mit der Lehre der Kirche zu tun. Die Kirche maßt sich keine besondere psychologische oder medizinische Kompetenz an. Das ist nicht ihre Aufgabe. Früher gingen die meisten Fachleute davon aus, Homosexualität sei eine Krankheit und dachten sich eine Vielzahl von Therapien aus. Heute sehen viele Fachleute dies als den falschen Weg (allerdings bei weitem nicht alle). Doch wie auch immer diese Fachdebatte ausgehen mag, und was auch immer in dieser Frage die Wahrheit sein mag, an der Lehre der Kirche ändert sich dadurch nichts. Das Ausleben homosexueller Triebe ist moralisch falsch. Dies ist eine moralische Wertung, keine psychologische, medizinische oder therapeutische. Und alle Menschen sind dafür verantwortlich wie sie handeln (es sei denn sie unterliegen direktem körperlichem Zwang, was im Falle eines Sexualtriebs nicht der Fall ist, da wir nicht gezwungen sind, dem Sexualtrieb nachzugeben, wenn wir das nicht wollen). Also ist auch der homosexuelle Mensch für sein Handeln verantwortlich, egal wie die Wissenschaft sich die Tatsache erklärt, dass es Menschen mit solchen Anlagen gibt.

Auch hier ist wieder festzustellen, dass die Position der Kirche meist falsch dargestellt worden ist (auch und gerade von Vertretern der Kirche in der Hitze öffentlicher Debatten gerade in einer Zeit, in der man nicht die Möglichkeit bekommt, ausgefeilte, nuancierte Beiträge von einiger Länge zu schreiben, sondern einfach plötzlich irgendeine Frage vorgehalten bekommt, für deren Antwort man maximal eine Minute Zeit hat).

Homosexualität (1/5)

Eine Vorbemerkung

Kurz nach meinem Kirchenbeitritt führte ich ein Gespräch mit einem anderen Gemeindemitglied, in dem es unter anderem auch um die Frage der Homosexualität ging. Ich bekannte mich zur kirchlichen Position der Sündhaftigkeit gelebter Homosexualität und erntete heftigen Widerspruch, das sei ja diskriminierend und überholt. Die anschließende Diskussion führte zu nichts und das Gespräch endete sehr bald zwar höflich, aber ohne besondere Freundschaftlichkeit.

Das Gespräch motivierte mich dazu, einen Text zu schreiben, der die kirchliche Lehre zur Homosexualität kurz erläuterte, gegen einige populäre Missverständnisse bzw. Vorurteile zu verteidigen suchte, und sich dabei auf einem möglichst allgemeinverständlichen Niveau bewegte. Zudem unternahm ich den Versuch, jegliche Polemik zu vermeiden.

Anlässlich der seltsamen Äußerungen von Kardinal Woelki zu diesem Thema habe ich mich entschlossen, diesen alten Artikel wieder hervorzukramen, ihn zu überarbeiten (wodurch er an Länge zugenommen hat) und hier zu veröffentlichen. Er ist insofern ungewöhnlich für diesen Blog, als ihm – zumindest in der Absicht des Autors – jegliche Polemik oder undiplomatische Ausdrucksweise fehlt. Es ist schlicht der Versuch, das Fingerspitzengefühl aufzuweisen, um das Kardinal Woelki bei seinen Worten wohl bemüht gewesen sein dürfte, allerdings ohne dabei zu seltsamen Äußerungen zu kommen, die einen Bruch mit der kirchlichen Lehre suggerieren.

Einleitung

Kaum eine heutige Diskussion über den katholischen Glauben kommt ohne Debatte über Homosexualität aus. Denn selbst wenn der durchschnittliche Deutsche nichts über den Glauben weiß, so ist ihm doch bekannt, dass die Kirche „gegen Homosexuelle“ ist. Dies ist dem Deutschen in den Medien über Jahre hinweg bei jeder Gelegenheit eingehämmert worden, so dass man an dieser festen Überzeugung wahrlich nicht vorbeikommt. Dabei ist sie voll und ganz falsch, auch wenn dies vermutlich absolut unglaubwürdig klingt. Die Kirche ist nicht gegen Homosexuelle, sondern gegen gelebte Homosexualität. Und die Gründe dafür mögen dem Durchschnittsbürger zwar schleierhaft sein, doch es gibt sie. Ich möchte in den folgenden Zeilen zwei Ziele erreichen: Dem Leser erstens ein Grundverständnis vermitteln, was die Kirche zu diesem Thema glaubt (und es kann sich nur um ein Grundverständnis handeln, da das Thema mit fast allen anderen sittlichen Fragen zusammenhängt und eine gründliche Behandlung den Rahmen sprengte), und zweitens warum sie das tut.

Um dies effektiv zu ermöglichen ist allerdings ein kurzer Einschub zu der Frage notwendig, was die Kirche alles NICHT glaubt. Denn da gibt es einige falsche Fährten.

Falsche Fährten: Alle Homosexuellen kommen in die Hölle

Oft hört man, die Kirche lehre, alle Homosexuellen kämen in die Hölle. Dies ist jedoch nicht der Fall. Nach katholischer Lehre ist die Tendenz zur Homosexualität weder verwerflich noch sündig. Aufgrund der natürlichen Ordnung der menschlichen Sexualität auf die Fortpflanzung hin (biologischer Zweck des Sexualakts) widerspricht die homosexuelle Ausrichtung allerdings der natürlichen Ordnung. Sie kann also als fehlgeordnet bezeichnet werden (was keine religiöse, sondern eine rein weltliche Einsicht ist). Allerdings können Menschen in der Regel nichts für ihre Anlagen, egal ob sie angeboren, oder im frühen Kindesalter ansozialisiert wurden. Deswegen ist kein Mensch schuldig oder sündhaft, bloß weil er die Anlage zur Homosexualität hat. Um es zu wiederholen: Die Kirche glaubt nicht, dass Menschen mit homosexueller Triebstruktur per se sündig sind.

Und wenn sie schon das nicht glaubt, dann gilt das umso mehr für die Frage, ob Homosexuelle in die Hölle kommen. Eine homosexuelle Triebstruktur ist keine Sünde, weder eine lässliche noch eine Todsünde. Und selbst wenn, dann gäbe es immer noch das Sakrament der Buße, mit dem sich selbst schwerste Todsünden (bei Vorliegen von Reue) tilgen lassen. Die Kirche lehrt zudem, dass niemand die ewige Verdammnis erfährt, ohne dass er (im Nachhinein) das Urteil als gerecht ansieht.

Falsche Fährten: Verfolgung von Homosexuellen

Ein weiterer häufiger Irrtum ist, dass die Kirche für die Verfolgung oder Ausgrenzung von Menschen mit homosexuellen Tendenzen sei. Niemals hat die Kirche gelehrt, dass jemand nur wegen seiner Triebstruktur zu verfolgen sei. Heute legt sie (vollkommen zurecht) großen Wert darauf, dass es weder sündhaft noch strafbar sein sollte, eine bestimmte Triebstruktur zu haben, auch wenn diese (wie im Fall der Homosexualität) aus Gründen der natürlichen Struktur menschlicher Fortpflanzung objektiv fehlgeordnet ist.

Die Verfolgung von Menschen aufgrund irgendwelcher nicht-selbstverschuldeter Eigenschaften ist grundsätzlich sündhaft und kann niemals gerechtfertigt werden. Und eine Ausgrenzung oder Diskriminierung ist zwar nicht grundsätzlich abzulehnen, aber sie bedarf eines sehr guten Sachgrundes.

Falsche Fährten: Genetik und Sozialisation

Ein dritter Irrtum ist, dass die Lehre der Kirche voraussetzt, dass Homosexualität nicht angeboren ist. Es wird behauptet, wenn Homosexualität genetisch veranlagt sei, dann müsse es in Ordnung sein sie auszuleben. Doch ist die Frage der Ursache von Homosexualität, so wichtig sie für den konkreten Umgang mit der Anlage für die Betroffenen und ihr Umfeld sein mag, für die Frage nach der rein moralischen Bewertung irrelevant. Denn die Ausübung fehlgeordneter Antriebe ist grundsätzlich moralisch verwerflich, unabhängig davon, woher sie auch stammen mögen. Ob angeboren oder nicht, das Ausleben eines fehlgeordneten Triebes ist moralisch nicht zulässig.

Falsche Fährten: Sonderstellung der Homosexualität

Ein vierter Irrtum in der öffentlichen Meinung über die Lehre der Kirche ist, dass die Kirche Homosexuelle „ausgucke“ oder dergleichen. Doch auch dies ist absolut nicht der Fall. Gelebte Homosexualität ist nach der Lehre der Kirche moralisch falsch, und kann, da es sich um eine wichtige Sache handelt (menschliche Fortpflanzung und Sexualität sind für den Fortbestand der Spezies entscheidend, und daher enorm wichtig), das Niveau der Todsünde erreichen, wenn sie wissentlich und willentlich ausgelebt wird. Doch exakt dasselbe gilt auch für alle anderen sündhaften Tätigkeiten in wichtigen Sachen. Homosexuelle sitzen in demselben Boot wie wir alle. Wir alle haben einige Triebe und Wünsche, die nicht vereinbar mit der von Gott gegebenen moralischen Lehre sind, und wir alle machen uns einer Sünde schuldig, wenn wir diese Triebe und Wünsche ausleben. Die Sünde gelebter Homosexualität ist dabei in keiner Weise besonders herauszuheben. (Man muss immer die Sünden betonen, für die das Bewusstsein in der Gesellschaft gerade fehlt, damit dieses Bewusstsein erwacht, und so eine Umkehr der Menschen möglich wird. Heute, in Zeiten der „Normalisierung“ aller möglichen fehlgeordneten Triebstrukturen, ist dies eben die Homosexualität. Dies ist aber kein besonderes Merkmal der Homosexualität, sondern ein besonderes Merkmal unserer Zeit.) Sie ist in dem hier verfolgten Zusammenhang eine Sünde wie jede andere auch.

Dankbar für die Beichte

Das Sakrament der Buße ist ein vergessenes Sakrament. In meiner Heimatgemeinde kommen über 90% der nominellen Mitglieder nicht zur Sonntagsmesse, und über 90% der Teilnehmer gehen nicht beichten, aber sie gehen zur Kommunion. Die Messe ähnelt damit aller Wahrscheinlichkeit nach einem großen Trinken des Gerichts, wenn wir die Bibel ernst nehmen und die Worte des Hl. Paulus betrachten.

Die Vorstellung, man könne seine Sünden doch direkt vor Gott bekennen, und dieser werde doch wirklich bereute Sünden auch ohne persönliche Beichte vergeben, ist unter Laien und nicht wenigen Priestern verbreitet. Und es ist ja auch ein Körnchen Wahrheit daran. Wer ehrlich bereut, mit vollkommener Reue, dem sind alle Sünden vergeben. Doch, und das ist ganz wichtig: Vollkommene Reue ist immer mit dem Wunsch nach der Beichte verbunden. Ausgenommen ist natürlich derjenige, der das Bußsakrament gar nicht kennt, und diese Unkenntnis nicht zu verantworten hat – er kann nicht beichten wollen.

Auch wenn die Kirche das so lehrt, ist es heute nicht mehr üblich davon zu sprechen. Von der Sünde wird kaum noch gesprochen, und wenn überhaupt, dann nur in einer schwächlichen Weise, die sie kräftig herunterspielt. Doch dass eine einzige schwere Sünde, mit vollem Wissen und Willen begangen, das Ende für das übernatürliche Leben, die heiligmachende Gnade, bedeutet, und damit die ewige Verdammnis nach sich zieht, wenn sie nicht ehrlich bereut (und gebeichtet) wird, hört man leider nur sehr selten in „normalen“ Kirchen. Bei den Traditionalisten innerhalb und außerhalb der „vollen Gemeinschaft“ mit Rom ist das zwar anders – doch wer will schon (Achtung: Ironie!) mit diesen kauzigen Typen etwas zu tun haben…

Als Konvertit kann ich das überhaupt nicht verstehen. Natürlich fällt es schwer, seine Sünden einer anderen Person zu beichten. Aber das ist kein Argument. Denn auch diejenigen, die ihre Sünden angeblich direkt Gott beichten, sprechen mit einer Person. Sie sprechen genau genommen sogar mit drei Personen! Oder glauben sie gar nicht wirklich an Gott und „beichten“ ihre Sünden am Ende nur sich selbst? Das wäre allerdings überhaupt keine Reue, sondern Dummheit und womöglich Verschlagenheit.

Und noch ein Argument: Wer Böses getan hat, der muss dafür eine gerechte Strafe erhalten. Gott vergibt die Schuld, die wir auf uns geladen haben, nur zu gern – wenn wir wollen.

Gott spricht uns von unserer Schuld frei – und wir sind zu faul, unseren Freispruch entgegenzunehmen, bloß weil wir unsere Delikte noch einmal aufzählen müssen?

Wie kann jemand ehrlich von sich behaupten, er glaube an Gott, und diese unglaubliche Gnade, die Christus in seiner Kirche eingesetzt hat, dieses Bußsakrament, nicht nutzen wollen? Wie kann jemand glauben, Christus habe sich für die Befreiung aus unseren Sünden kreuzigen lassen – eine schreckliche Tortur – und dann nicht einmal die Bereitschaft haben, eine vielleicht etwas unangenehme Situation wie die Beichte über sich ergehen zu lassen?

Wie kann jemand ein Kruzifix anschauen, und sehen, welche schrecklichen Qualen Christus erleiden musste, um unsere Sünden zu tilgen, und selbst nicht einmal den kleinen Finger dafür rühren?

Die einzige Antwort, die mir einfällt, ist, dass so jemand ganz tief drinnen gar nicht mehr an Gott, an Christus, an Kreuzigung und Auferstehung glaubt, sondern einen zur Konvention erstarrten Glauben hat. Ich kann in keine Herzen schauen, aber ich weiß nicht, wie ich diese Haltung anders interpretieren soll.

Eine Beichte dauert fünfzehn Minuten, maximal. Man kann sie meist mit dem Besuch einer anschließenden Heiligen Messe verbinden – und in der Kommunion den Herrn völlig frei von auch nur der kleinsten lässlichen Sünde empfangen (warum machen wir Ihm nicht öfter die Freude von einer reinen Seele empfangen zu werden?). Sie erlöst uns aus unserer schweren Schuld.

Täglich sein Gewissen zu beschauen, und es dadurch zu schärfen, gegenüber der Sünde feinfühliger, empfindsamer zu werden, und Stück für Stück, mit der Hilfe Gottes, seine Sünden zu überwinden, seine Laster abzulegen, und in der Heiligkeit zu wachsen, braucht nicht mehr als fünf Minuten am Tag. Und es ist eine wichtige Hilfe bei einer guten Beichte.

Das sollte doch machbar sein, oder? Auch wenn ich nur zu gut, aus eigener Erfahrung, verstehen kann, wie schwer eine gute Beichte fallen kann, gerade wenn die letzte viele Jahre zurückliegt. Da sammelt sich eine Menge Ballast an – den man mit einem Rutsch loswerden kann. Wie könnte man da widerstehen?

Also sollten wir, gerade in der Fastenzeit, in der sich das Osterfest rapide nähert, beichten gehen und für das Bußsakrament mit allen seinen kleinen Unannehmlichkeiten dankbar sein, die vor dem heilbringenden Opfer Christi verblassen.

Vom Sonntag als Ruhetag

Auf dieses scheinbar selbst in christlichen Kreisen neuerdings umstrittene Thema bin ich durch einen entsprechenden Beitrag bei Alipius aufmerksam geworden. Alipius und einige andere Kommentatoren (mich eingeschlossen) haben dort die klassische Auffassung vertreten, der Sonntag müsse als Ruhetag geschützt bleiben, und dies sei auch auf „verkaufsoffene Sonntage“ anzuwenden, die abgeschafft, oder wo es sie noch nicht gibt, verhindert werden müssten. Diese Haltung fand teils scharfen Widerspruch seitens anderer Kommentatoren, die die Auffassung vertraten, ob jemand einen Ruhetag beachten möchte, sei doch einzig und allein seine Sache, der Staat aber dürfe keinerlei Beschränkungen für die Sonntagsarbeit auferlegen, da dadurch die Freiheit der Individuen beschränkt würde. Ob man selbst dann den Sonntag als Ruhetag beachte sei Privatsache – und wenn man vom Arbeitgeber „gezwungen“ wird, gegen sein eigenes Gewissen, am Sonntag zu arbeiten, dann könne man ja kündigen.

Dass ein Ruhetag dem Gemeinwohl diene, wurde ebenfalls nicht als einsichtig betrachtet. Das Gemeinwohl sei bloß der Wille der Mehrheit, und wenn die Mehrheit verkaufsoffene Sonntage will, dann müsse man ihr dies zugestehen, oder vom Gedanken des Gemeinwohls als Grundlage für gesetzliche Bestimmungen gänzlich absehen (vermutlich bliebe dann als Grundlage nur noch der krude Utilitarismus mit seinem Nützlichkeitskalkül übrig).

Dass es gewisse Arbeiten gebe (Priester, Ärzte…) die auch am Sonntag verrichtet werden müssten, wurde ebenfalls als Grund genommen, um Sonntagsarbeit generell zu rechtfertigen. Als willkürlich wurde die Unterscheidung zwischen (a) notwendiger Arbeit (z.B. Notoperationen, nicht aufschiebbare Tätigkeiten), (b) Arbeit für den Sonntag (z.B. das Lesen von Messen, Kirchenmusik und vergleichbare Tätigkeiten, die der kollektiven Gottesverehrung und Heiligung des Sonntag dienen) und (c) allen anderen Tätigkeiten eingestuft. Schließlich sei ja auch ein Einkaufsbummel angenehm, und könne daher als Arbeit für den Sonntag eingestuft und in ihr ein höherer Zweck gesehen werden.

Angesichts der Tatsache, dass selbst die elementarsten Gründe für den Sonntag als generellen Ruhetag selbst in einer mit großer Mehrheit gläubig-katholischen Leserschaft nicht mehr unumstritten sind, erscheint es mir an dieser Stelle notwendig, einige Worte über den Sonntag als Ruhetag zu verlieren, und etwas weiter auszuholen, als es in einem Kommentarbereich möglich ist.

Zuerst möchte ich auf den großartigen Aufsatz von Robert Spaemann „Anschlag auf den Sonntag“ verweisen, zu finden in der Aufsatzsammlung „Grenzen – Zur ethischen Dimension des Handelns“. Dort legt Spaemann sehr eindrucksvoll die wesentlichen Gründe für den Sonntag aus einer säkularen Perspektive vor. Es sind jedoch Gründe, die scheinbar in der heutigen Zeit nicht mehr als Konsens selbst in christlicher Umgebung gelten können.

Warum ist der Sonntag ein Ruhetag?

Der Sonntag hat seine Wurzeln im jüdischen Sabbat, und steht im Christentum für den Tag der Auferstehung Jesu Christi. Jeder Sonntag ist in diesem Sinne eine Art Echo des Ostersonntags. Es ist der Tag der kollektiven und öffentlichen Gottesverehrung, der Tag, an dem das bloß weltliche Leben möglichst ruhen soll, um sich ganz auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das Wesentliche des Sonntags kann aufgrund seiner religiösen Bedeutung jedoch niemals bloß weltlich sein. Das Weltliche ist es ja gerade, das am Sonntag zurückzutreten, zu ruhen hat.

Alle weltlichen Funktionen des Sonntags ergeben sich erst aus seinem religiösen Zweck. Das Wesen einer Sache ist durch ihren Zweck bestimmt, also durch das, wofür sie da ist. Das Wesen des Sonntags ist durch einen Zweck bestimmt, und dieser Zweck ist religiös, nämlich als Tag des Herrn, als der Tag der Woche, der dem Herrn gewidmet ist.

Entzöge man dem Sonntag diese Bedeutung und interpretierte ihn bloß weltlich als notwendige Ruhe von der im Alltag stattfindenden Arbeit, so gäbe es tatsächlich keinen Grund mehr für einen gesamtgesellschaftlich als Ruhetag definierten Sonntag. Man könnte einfach festlegen, dass nur an sechs Wochentagen gearbeitet werden darf, und welcher der private, individuelle Ruhetag ist, müsste dann jeder selbst festlegen.

Und selbst dieser Ruhetag wäre dann nicht mehr heilig, sondern höchstens nützlich.

Die Debatte um den Sonntag ist daher eine Debatte um Religion, und speziell um die Bedeutung die die Religion in öffentlichen Angelegenheiten haben soll. Es ist vollkommen unmöglich, diese Debatte ohne Bezugnahme auf die christliche Tradition zu führen. Und der Sonntag als Ruhetag hat keinerlei Argumente mehr auf seiner Seite, wenn man sich auf eine Debatte auf rein weltlicher Ebene einlässt.

Wenn man nun, wie heute aufgrund des latenten Liberalismus üblich, Religion als Privatsache sieht, dann ist ein Tag, der für die kollektive Gottesverehrung beiseite gestellt wird, nicht mehr notwendig. Jeder kann dann „seinen eigenen privaten Gott“ verehren, wann und wie er will.

Alle weltlichen Zwecke, die dem Sonntag zugeschrieben werden – Entspannung, Zusammensein mit der Familie usw – können auch an anderen Tagen erledigt werden. Und zumindest die Familie als Kerneinheit des gesellschaftlichen Zusammenlebens ist ohnehin im Begriff irrelevant zu werden. An ihre Stelle tritt ein Staat, der alle wesentlichen Funktionen der Familie übernimmt, und eine permanent pubertär veranlagte, wechselhafte Sexualität ohne Bindung, ja ohne Bindungsfähigkeit, und mit Termin beim Abtreibungsarzt, falls ein „Unfall“ passiert.

Entspannung ist keinesfalls an einen bestimmten Tag gebunden, und erst recht nicht daran, dass sich alle am gleichen Tag „entspannen“. Einen hedonistischen Ruhetag kann und wird es niemals geben.

Der Anschlag auf den Sonntag als Mammonverehrung

Nun kann man sich die Frage stellen, warum der Sonntag angegriffen wird. Niemand wird doch prinzipiell gegen das Ausruhen sein. Um Ausruhen und Entspannen geht es bei der Debatte auch gar nicht. Es geht um den Sonntag als Nicht-Alltag. Es ist der herausgehobene Tag, der Tag, der anders ist als alle anderen. Der Tag, an dem nämlich wirtschaftliche Profiterwägungen irrelevant sind, an dem der Mensch an den höheren Zweck erinnert wird, zu dem er einst erschaffen worden war. Dies können die Schlangen dieser Gesellschaft nicht zulassen. Wir müssen eine stetige Kost von süßen Äpfeln zu uns nehmen, damit wir gar nicht erst auf die Idee kommen, die goldene, ökonomisch effiziente Schlangengrube, in der wir leben, zu hinterfragen.

Der süße, vergoldete Apfel des Mammons muss uns Tag für Tag, Stunde für Stunde vor Augen stehen. Man muss immer alles jetzt haben können. Sonst könnte das Betäubungsmittel nachlassen, dass unsere spirituellen und religiösen Sinne lähmt. Ich will am Sonntag meinen „Einkaufsbummel“ haben, heißt nichts anderes als: Ich will auch den Sonntag noch als Tag des Mammon statt als Tag des Herrn entweihen. Und zwar selbst dann, wenn man selbst gar nicht kauft. Der verkaufsoffene Sonntag ist selbst schon das Einfallstor dafür. Denn er hebt den Zusammenhang zwischen der Verehrung des wahren Gottes und der dafür beschränkt notwendigen Sonntagsarbeit auf, so dass der Eindruck entsteht, weil der Priester am Sonntag arbeitet, könne auch die Verkäuferin arbeiten. (Nur ganz nebenbei bemerkt ist der verkaufsoffene Sonntag, der besonders frauendominierte Berufe trifft, und den auch mehrheitlich Frauen nutzen würden, besonders perfide, weil die Frau nun auch noch am Sonntag aus dem Herzen der Familie entrissen wird, um ökonomische Sklavenarbeit zu tun, nachdem dieses Zerstörungswerk an den Wochentagen bereits durch ähnliche Propagandaarbeit, wie sie nun gegen den Sonntag getrieben wird, weitgehend verwirklicht worden ist.)

Die Zukunft des Sonntags

Die ohnehin schon ausgehöhlte Heiligkeit des Sonntags wird keinerlei Zukunft haben, wenn nicht der Sinn für den Zweck des Sonntags wiederentdeckt wird. Und das geht nicht durch verweltlichte Betrachtungen über die medizinischen, psychologischen oder sonstigen Vorteile eines Entspannungstages. Denn Ruhe, echte Ruhe, ist mehr als Untätigkeit.

Save the Liturgy – Save the World

Es scheint mir eine gemeinsame Wurzel zwischen dem liturgischen Aktionismus – alle müssen irgendwas tun, damit sie „aktiv an der Messe teilnehmen“ – und dem Angriff auf den Sonntag zu geben, und zwar die Vorstellung, Ruhe sei Untätigkeit, das „Fehlen von Arbeit“. Wer in der Liturgie einfach nur ruhig dort sitzt, steht, kniet, oder welche Haltung auch immer einnimmt, der ruht, aber er ist keinesfalls untätig. Nichts ist aktiver als Kontemplation. Wer den Sonntag heiligt, am Sonntag ruht, der ist ebenfalls nicht untätig. Die Ruhe ist auch hier Kontemplation, selbst wenn sie mit aktiven Handlungen verbunden ist, stehen diese aktiven Handlungen unter dem Zeichen der Kontemplation. Natürlich ist sie auch Entspannung, aber erst in zweiter Linie.

Ruhe ist nicht das Fehlen von Arbeit. Arbeit ist das Fehlen von Ruhe.

Der mit der Familie verbrachte Sonntag ist Rückkehr zu dem wesentlicheren Leben, das keinen ökonomischen Zwängen gehorcht. An diesem Tag vermeidbare ökonomische Transaktionen einzuführen, käme einer vollständigen Abschaffung der Sonntagsruhe gleich.

Was können wir tun…?

Ein regelmäßiger Leser und Kommentator schrieb kürzlich im Kommentarbereich dieses Blogs folgende Wortmeldung:

„Was ich nur generell bemängele ist, ob wir in unserer gegenseitigen Zustimmung hier nur im eigenen Saft schmoren. Wir klopfen uns in der Blogozese gegenseitig auf die Schultern aber die Außenwirkung ist äußerst beschränkt. Ich frage mich, was können wir tun um unseren Missionsauftrag wirklich zu erfüllen? Eine Junge Freiheit wagt es dem Establishment auf politischer Ebene mit einer wahren konservativen Weltanschauung die Stirn zu bieten und wird dafür als “rechts” oder “ultrakonservativ” (wie Santorum!) geächtet. Ähnlcih geht es einem römischen Katholiken (im Gegensatz zu einem Deutschkatholiken) wenn er zum Beispiel versucht, sich für die Messe im a.o. Ritus zu engagieren. Man wird geächtet und wird implizit in die Nähe von Neonazis gerückt (man beachte die Perversion des Denkens), ich habe es am eigenen Leibe erlebt. Was können wir tun um diesem Denken entgegenzutreten, über die Diskussion in Internetforen und -blogs hinaus?“

Ich antwortete:

Was können wir also über die Diskussion in Blogs und Foren hinaus tun, um diesem Denken entgegenzutreten? Das ist eine sehr interessante und wichtige Frage, über die ich schon häufiger nachgedacht habe:
Direkt – nicht allzu viel. Wir haben keine politische, wirtschaftliche oder mediale Macht, die an die weltlichen Mächte heranreichen könnte. Wir sind David und haben nur eine kleine Schleuder und ein paar Steine. Wir sind zwölf kleine Fischersleute in einem heidnischen Weltreich. Indirekt, über unser alltägliches Handeln, einiges. Lassen Sie mich Anthony Esolen zitieren:
“You can engage a culture, but you cannot engage a corpse. When people are living in a cemetery, you do not join them. You establish a real village, and invite them over. You first become the sorts of people who sing, who love men and women for what they are, who love children (and actually have a few), who admire innocence, and who kneel before the holy. Then you will have something of a culture – and you will find those who are weary of the alternative trying to engage you. ”
Seht nur, wie die Christen einander lieben, wie sie füreinander da sind, wie sie ihren Glauben furchtlos bekennen, zu Märtyrern werden, wenn es von ihnen verlangt ist. Das hat einmal funktioniert – es wird wieder funktionieren. Wir müssen eigentlich nur immer wieder im alltäglichen praktischen Leben die Alternative aufzeigen. Immer predigen – wenn nötig auch mit Worten, besser aber durch stillschweigende Taten. Vielleicht wird jemand, der liest, wie freundschaftlich wir hier in der Blogozese miteinander diskutieren, diesen Eindruck haben und innehalten.
Ich glaube, eine wirkliche christliche Familie, eine einzige heilige Familie, ist wie ein Licht in der Finsternis, und wird die Menschen ganz ohne Worte überzeugen, allein durch ihr Sein. Dasselbe gilt für heilige Priester, die in der Welt leben, aber nicht von ihr erstickt werden.
Zehntausend Evangelisierungsinitiativen bekehren einen Menschen. Ein Heiliger bekehrt zehntausend.
Wir können nicht mehr tun als Heilige werden und in jedem Tag unseres Lebens dazu stehen. Egal in welchem Lebensstand wir sind. Wenn wir dann verfolgt werden, dann werden wir eben verfolgt. Wenn wir beleidigt werden, dann werden wir beleidigt. Wenn wir niedergeschlagen werden, stehen wir wieder auf. Keine Strategie, kein Aktionsplan wird uns in dieser Sache helfen können. Nur absolute Treue zu Gott in der Gegenwart. Für die Zukunft wird Er dann sorgen.
Was das an konkreten Handlungen bedeutet – jeder muss das tun, wozu er in seinem Stand berufen ist. Wenn sich die Chance bietet, Positionen zu klären, Missverständnisse auszuräumen, und Irrtümer aufzuzeigen, dann sollten wir das tun. Wenn nicht, dann nicht.
Ich werde dazu bald wohl etwas mehr schreiben, jetzt wo Sie dieses Thema angeschnitten haben.

Ich möchte nun zu dieser Antwort noch einige Gedanken hinzufügen, die das Thema in einen etwas anderen Zusammenhang stellen und von einer anderen Warte beleuchten, als dies in den beiden zitierten Kommentaren geschehen ist:

Sein und Machen

Die Frage „Was können wir tun…?“ fordert ihrer ganzen sprachlichen Struktur nach als Antwort eine Liste konkreter Handlungen ein. Was können wir tun? Wir können Streitschriften verfassen, Protestaktionen starten, gegen Ausgrenzung und Verfolgung von Christen eintreten. Wir können Unterschriften sammeln, über den Glauben sprechen, Vorurteile abbauen und vieles, vieles mehr. Zudem können wir, was schon weitaus näher am Ziel liegt, beten, uns direkt an Gott wenden, die Heiligen um Hilfe bitten, und ganz besonders Zuflucht bei der Mutter Gottes suchen. Das alles ist enorm wichtig. Besonders die zweite Hälfte der Liste.

Wir haben keine politische Macht, keine mediale Macht, keine ökonomische Macht, um die Meinungen in der Gesellschaft zu ändern. Wir sind wie David nur mit einer Schleuder ausgestattet und treten einer technologisch hochgerüsteten medialen und gesellschaftlichen Propagandamaschinerie entgegen, die über die Schulhoheit, die Universitätshoheit, die Medienhoheit, die politische und wirtschaftliche Vorherrschaft und jeden anderen denkbaren Vorteil verfügt. Die Kräfte dieser Welt und ihres (wie immer) scheinbar triumphierenden Fürsten haben ungehinderten Zugriff auf jeden Menschen in der westlichen Welt spätestens ab dem fünften oder sechsten Geburtstag, in vielen Ländern durch immer früher einsetzende Verstaatlichung der Kindererziehung bereits eher. Und diese Kräfte lassen weder uns noch unsere Kinder jemals wieder los. Wenn wir heute ein Kind in die Welt setzen, wird es in zwanzig Jahren ein überzeugter Anhänger dieser Welt sein und den wahren Glauben zurückgelassen haben. Darauf können wir praktisch wetten.

Die Panzer des Goliath sind größer als die Schleuder des David. Dies ist ein Kampf, den wir nach menschlichem Ermessen nur verlieren können. Und wir verlieren auch die meisten Schlachten. In unserem Land dürfen unschuldige Kinder von Ärzten auf Kosten der Krankenkassen und im Auftrag ihrer Mütter dahingeschlachtet werden. Ähnliches gilt mehr und mehr auch für nicht mehr gesellschaftlich nutzbare Subjekte am anderen Ende des Lebens. Eine totale Umwertung der Werte hat stattgefunden, und selbst die meisten Würdenträger in der Kirche haben sie mitgemacht. Sie denken und handeln in rein weltlichen Kategorien. Der ehemals so große Christliche Westen ist eine spirituelle Ruine, die durch Verbrennung aller wahren Güter kurzfristig materiellen Reichtum auf Kosten ihrer Seele erworben hat.

Die falschen Spielregeln

Warum verlieren wir diese Schlachten? Warum sind wir so marginalisiert? Warum scheitern wir? Weil wir nach den Regeln der Welt spielen. Wir fragen, welche Möglichkeiten wir haben, was wir tun können. Wir planen, starten Initiativen, wollen eine „Neu-Evangelisierung“. Nichts gegen alle diese nützlichen Handlungen. Soweit wir uns an ihnen beteiligen können, sollten wir das auch tun. Doch so werden wir keine Umkehr schaffen. Nicht solange wir an morgen denken. Nicht solange wir eine Strategie haben. Nicht solange wir auch nur die kleinste Reserve vor Gott halten. Nicht solange wir nicht alles was wir haben, alles was wir tun, alles was wir sind, ohne jede Zurückhaltung und ohne jeden Hintergedanken, Gott zur Verfügung stellen. Nicht solange wir nicht unser Kreuz aufnehmen und Christus nachfolgen, koste es was es wolle. Wenn wir dafür verfolgt werden, dann werden wir eben dafür verfolgt. Wenn wir dafür sterben müssen, dann müssen wir eben sterben (das müssen wir ohnehin alle).

Wir werden die Umkehr nur dann schaffen, wenn wir unserer Berufung zur Heiligkeit nachkommen. Wir sind von Gott an diesen Ort gesetzt worden, an dem wir jetzt sind. Gott weiß was Er tut. Gott weiß was Er will. Wir müssen nur kapitulieren, wir müssen uns nur ausliefern, alles in unserem Leben, einschließlich unserer selbst, dem Herrn als Opfergabe darbringen. So wie Christus. Worin dieses konkrete Opfer, dieses konkrete Kreuz bestehen mag? Wer kann es wissen, außer Gott? Wir brauchen es auch erst zu wissen, wenn es soweit ist, und dann werden wir es früh genug erfahren.

Was passiert, wenn wir uns Gott ausliefern und nichts zurückhalten? Wir verfügen über ganz solides Erfahrungswissen zu dem Thema. Wenn ein Dutzend Menschen sich Gott ausliefert, werden Weltreiche bekehrt. Den Statistiken zufolge lesen vielleicht dreißig, vielleicht fünfzig, wenn es hoch kommt hundert Menschen diesen Artikel. Was wäre wenn wir uns einfach Gott auslieferten? Gott nimmt jeden, der sich freiwillig meldet. Wenn zwölf Menschen ein Weltreich bekehren können, was vermögen wir dann, wenn wir einfach nur das sind, wozu wir berufen sind?

Und wozu sind wir berufen? Allgemein lautet die Antwort: Zur Heiligkeit. Doch es gibt so viele Heilige, und so viele Wege zur Heiligkeit, obwohl natürlich alle diese Wege einiges gemeinsam haben. Sie alle haben die Sakramente, die Kirche, Christus, das Gebet, Marie usw. gemeinsam. Das ist ungeheuer wichtig. Doch auf der menschlichen Seite gibt es so viele Unterschiede. Menschen aus allen Lebenslagen können heilig sein. Die meisten werden nicht einmal als solche erkannt. Sie spielen sich nicht nach vorn. Sie stehen nicht in der Öffentlichkeit. Sie haben keine Macht. Wie viele heilige Mütter hat es gegeben, von deren Heiligkeit nur die eigene Familie wusste? Wie viele einfache Bauern und Arbeiter und Handwerker, die gerecht waren und Gott und den Nächsten liebten? Aus jeder Lebenslage erwachsen Heilige, weil jede Lebenslage, jedes Schicksal, jeder Umstand, Gott aufgeopfert werden kann, und Ihm zu Ehren gelebt werden kann.

Heiligkeit ist kein Austreten aus der Welt, sondern das genaue Gegenteil. Es ist die Kapitulation vor Gott, das Niederlegen der Waffen des sündigen Rebellen. Das kann jeder Mensch, egal wo er herkommt, egal welche Bildung, welche Intelligenz, wie viel oder wenig Geld, welche Krankheiten er hat. Absolut jeder Mensch kann das. Er muss es nur wirklich wollen. Er muss die schon vollbrachte Erlösung nur noch annehmen. Es ist ein Geschenk – sonst nehmen wir Geschenke doch gern an? Oder haben wir selbst das schon verlernt?

Wenn die Heiligen so vielfältig sind, sind auch die Berufungen so vielfältig. Wenn wir eine Familie haben, sollten wir in der Familie bleiben und mit dieser Familie ein Licht in die Finsternis werfen. Dasselbe gilt für alle Menschen aller Berufungen – Väter und Mütter in den Familien, geistliche Väter und Mütter aller Art, besonders natürlich die Priester, aber nicht nur sie.

Wir müssen nur kapitulieren, unsere Waffen vor Gott niederlegen. Und wenn wir das wirklich tun, dann werden wir ein strahlendes Licht sein, das die Menschen fast magisch anzieht, das in ihnen den Wunsch weckt, auch ein solches strahlendes Licht zu werden. Aber wir sind keine strahlenden Lichter, die die Menschen in ihren Bann schlagen, sie faszinieren können allein mit ihrem Sein, wir sind keine Spiegel, die blank poliert sind, damit sie das Licht der göttlichen Liebe reflektieren können. Wir, und dies schließt den Autor dieser Zeilen an allererster Stelle mit ein, sind schmutzig, sündhaft, verschmiert, nicht blank und strahlend. Das ist das Problem.

Je dunkler die Dunkelheit, desto heller das Licht. Doch unser Licht ist nicht hell, weil wir die Dunkelheit als unseren Mantel angenommen haben.

Seht nur wie sehr sie einander lieben, und wie sehr sie dem Herrn Jesus Christus bis in den Tod nachfolgen. Aus dem Blut der Märtyrer geht die Christenheit immer wieder neu hervor. Das ist der einzige Weg, weil Christus er einzige Weg ist, und weil der Weg des Martyriums, der Weg des Kreuzes, der Weg Christi ist. Solange wir dieses Mittel nicht verwenden, werden wir wirklich nur „im eigenen Saft schmoren“. Egal ob wir uns nur in der Blogozese gegenseitig auf die Schulter klopfen, oder tausend gutgemeinte Evangelisierungsinitiativen starten und vor Geschäftigkeit nicht mehr zum Schlafen kommen. Wir alle, und an erster Stelle der Autor dieser Zeilen, sind vom Geist dieser Zeit angesteckt – wir sind unverbesserliche Macher.

Es gibt keine erfolgreichen Missionare, die nicht zugleich weit auf dem Weg der Christusnachfolge vorangekommen waren. Unseren Missionauftrag können wir nur erfüllen, wenn wir heiliggemäß leben. Die Gesellschaft können wir nur verändern, wenn wir heiliggemäß leben. Die Neu-Evangelisierung ist nur möglich, wenn wir heiliggemäß leben.

.Doch Heiligkeit kann man nicht machen. Und ohne sie ist alles andere vergebens.