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München David Bendels

Warum die CSU noch konservativer werden soll

„Das klassische Familienbild besteht für uns immer noch aus Vater, Mutter, Kind“, sagt David Bendels. So wie in dieser Persil-Werbung von 1956. „Das klassische Familienbild besteht für uns immer noch aus Vater, Mutter, Kind“, sagt David Bendels. So wie in dieser Persil-Werbung von 1956.
„Das klassische Familienbild besteht für uns immer noch aus Vater, Mutter, Kind“, sagt David Bendels. So wie in dieser Persil-Werbung von 1956.
Quelle: picture-alliance / dpa
Provokativ oder berechtigt? Eine Gruppe junger CSU-Mitglieder will die Partei zu alten Werten zurückführen. David Bendels, Mitgründer des „Konservativen Aufbruchs“, stemmt sich gegen den Zeitgeist.

Noch sind sie ein kleiner Kreis. Doch die Gründer des „Konservativen Aufbruchs“ sind überzeugt, mit ihrer Forderung, die CSU zu alten, konservativen Wurzeln zurückzuführen, bald mehr Unterstützer zu finden. Die „Welt am Sonntag“ traf David Bendels, einen der Initiatoren.

Welt am Sonntag: Herr Bendels, warum wollen Sie die konservativste Partei im Bundestag konservativer machen?

David Bendels: Unsere Initiative ist angetreten, die CSU im Diskurs inhaltlich wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Dazu muss der konservative Teil der CSU-Basis wieder mehr inhaltliches Mitspracherecht erhalten. Denn: Die CSU berücksichtigt diesen Teil unserer Partei leider kaum noch. Wir sind uns bewusst, dass der christlich-soziale und der liberale Flügel unserer Partei auch ausgeprägt sein müssen, weil die CSU sonst keine Volkspartei wäre. Aber wir denken, dass der konservative Flügel derzeit marginalisiert wird.

Welt am Sonntag: Woran machen Sie das fest?

Bendels: Ein aktuelles Beispiel ist die Zustimmung der CSU-Bundestagsabgeordneten kürzlich zur wie wir finden sinnlosen weiteren Ausweitung der „Doppelten Staatsbürgerschaft“. Und dies trotz schwerer Bedenken und großer Kritik von Tausenden CSU-Mitgliedern. Jahrelang haben wir als CSU für das Optionsmodell argumentiert und auch gestritten. Wir sind immer noch überzeugt, dass man sich als junger Erwachsener entscheiden kann und sollte, welche Staatsbürgerschaft man möchte. Oder das Thema Mindestlohn: Auch bei dieser Frage wurden jahrzehntelang geltende Positionen geräumt. Genauso wie bei der ideologisch motivierten und planlosen Energiewende.

Welt am Sonntag: Vielleicht hat die CSU nach Jahrzehnten einfach nur auf die Veränderungen in der Gesellschaft reagiert?

Bendels: Es besteht ein großer Unterschied darin, ob man überlegt und auf Grundlage fester Überzeugungen „reagiert“, oder Positionen übereilt aufgrund des herrschenden Zeitgeistes aufgibt. Natürlich hat sich die Gesellschaft verändert. Unsere Initiative ist nicht rückwärts gewandt, wir wollen uns aber rückbesinnen auf klare Werte. Werte wie Verlässlichkeit, Handeln nach gesundem Menschenverstand und nicht nach Ideologien. Und dazu passt es nicht, Positionen wegen Umfrageergebnissen aufzugeben.

Welt am Sonntag: Das ist ziemlich dürftig verpackte Kritik am CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer, dem genau solche Umfrage-Politik vorgeworfen wird.

Bendels: Also das will ich klarstellen: Wir sind kein „Anti-Seehofer-Bündnis“. Für uns stehen Personalfragen ganz, ganz weit hinten. Wir wollen eine inhaltliche Erneuerung der CSU. Aber ich will auch sagen: Aus Sicht unserer Initiative betreibt die CSU-Führung derzeit eine Politik der Beliebigkeit, eine zeitgeisthörige Politik. Franz Josef Strauß hat gesagt: Man muss dem Volk aufs Maul schauen, ihm aber nicht nach dem Mund reden. Das ist unsere Linie.

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Welt am Sonntag: Was muss denn nun Ihrer Meinung nach CSU-Politik sein?

Bendels: Wir finden, dass in der Politik, aber auch in der CSU Minderheiten zu sehr in den Vordergrund gestellt werden und die 99,9 restlichen Prozent der Bevölkerung nahezu übergangen werden. Das sieht man klar an der Familienförderung. Das klassische Familienbild besteht für uns immer noch aus „Vater, Mutter, Kind“. Die Gleichstellung der sogenannten „Homo-Ehe“ und ein volles Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften lehnen wir daher ab.

Welt am Sonntag: Dann grenzen Sie Teile der Gesellschaft bewusst aus?

Bendels: Wir grenzen niemanden aus. Wir vertreten den konservativen Flügel in der CSU. Für liberale Positionen in der CSU sind wir nicht angetreten.

Welt am Sonntag: Zur konkreten Politik: Welche Themen nehmen Sie sich jetzt vor?

Bendels: Ganz wichtig ist für uns das Thema „Abbau der kalten Progression“, die Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen. Auch das war jahrzehntelang ein Anliegen der CSU, das wurde in den Wahlkämpfen den Stammwählern versprochen. Dafür hätte sich die CSU bei den Koalitionsverhandlungen im Bund wesentlich stärker einsetzen müssen. Dazu verfassen wir ein umfangreiches Positionspapier für den Parteitag, außerdem zur fehlgeleiteten Familienförderung. Und wir kritisieren die Energiewende. Da müssen neue Ansätze her.

Welt am Sonntag: Welche neuen Ansätze? „Zurück zur Kernkraft“ ist nicht wirklich neu …

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Bendels: Ein Zurück zur Kernkraft wird es nicht geben. Wir sagen auch nicht, dass wir alle Antworten in der Schublade haben.

Welt am Sonntag: Doch wenigstens auf die Fragen, die sie selbst aufwerfen. Also: Welche Alternativen gibt es zur Energiewende?

Bendels: Wir müssen ehrlich sein: Sonne und Wind reichen in einer Industrienation wie Deutschland schlicht nicht aus, daher werden wir Gas- und Kohlekraftwerke kurz- und mittelfristig brauchen. Das muss man den Menschen einfach mal sagen. Die übertriebene Subventionierung der erneuerbaren Energien muss zurückgefahren werden. Und man sollte sich Gedanken über eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten machen.

Welt am Sonntag: Zur kalten Progression: Wie lauten da Ihre Antworten? Soll der Abbau durch eine Mehrbelastung hoher Einkommen finanziert werden?

Bendels: Nein. Wir sind überzeugt, dass die Steuereinnahmen ausreichend sprudeln und dass die deutsche Wirtschaft robust genug ist, dass dies auch noch eine Weile so sein wird.

Welt am Sonntag: Wie genau wollen Sie Ihre konservativen Positionen in der CSU durchsetzen? Durch welche Personen in welchen Parteigremien?

Bendels: Momentan setzen sich die Gründungsinitiatoren und die größten Unterstützer aus allen Teilen Bayerns etwa alle 14 Tage zusammen. Ziel ist es, bis zum Parteitag im Herbst genug Unterstützer unter den Delegierten gesammelt zu haben, die unsere Anliegen über Anträge einbringen können.

Welt am Sonntag: Es wird immer wieder kolportiert, es gebe prominente Unterstützer, doch geoutet hat sich bisher keiner. Wer ist denn nun dabei?

Bendels: Wir wollen inhaltlich überzeugen und nicht mit Prominenten. Natürlich würden die uns mediale Aufmerksamkeit dauerhaft sichern, und wir haben auch schon positive Resonanz von namhaften Persönlichkeiten bekommen. Aber wir sind eine Basisbewegung, es ist ganz gut, dass wir keine „Großkopferten“ vorne dran haben.

Welt am Sonntag: Auf Ihrer Facebookseite sind manche Kommentare, die hart an der Grenze zum Nationalismus, gegen alles „linke Gewoge“ sind und mit „auf das Vaterland“ enden. Wie geht man mit solchen Claqueuren um?

Bendels: Wir achten streng darauf, dass da keine Inhalte auftauchen, die auch nur ansatzweise undemokratisch sind. Manche Formulierungen finde ich auch grenzwertig. Aber mit dem Begriff „Vaterland“ habe ich kein Problem. Da sehe ich keinen negativen Klang.

Welt am Sonntag: Wenn sich in der konservativsten Partei im Bundestag ein „Konservativer Aufbruch“ formiert – besteht da nicht die Gefahr, dass rechts außen sich hier heimisch fühlt?

Bendels: Bisher haben wir gottlob keine Rückmeldungen aus der Ecke bekommen. Um das klarzustellen: Wir sind ein Zusammenschluss von Demokraten, von basisdemokratischen Mitgliedern der CSU. Wir stehen auf den Grundlagen der CSU, das heißt Rechtsstaatlichkeit und Freiheitlichkeit.

David Bendels, 29, ist Politologe und Mitglied des CSU-Kreisverbands Lichtenfels (Oberfranken). Der ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiter der Europaabgeordneten Monika Hohlmeier ist Mitgründer der Initiative „Konservativer Aufbruch“. Diese gründete sich am 14. Juni in Nürnberg und hat laut Website „einige Tausend Unterstützer“.

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