Welt-AIDS-Konferenz in Washington

23. Juli 2012


25.000 Teilnehmer haben sich für die Welt-AIDS-Konferenz in Washington D.C. angemeldet – darunter neben Forschern und Ärzten auch zahlreiche Politiker sowie prominente Aktivisten aus dem Showbusiness. Der Tagungsort ist auf tragische Weise äußerst passend gewählt: Man trifft sich nicht nur in der Hauptstadt der USA, sondern auch in der „Hauptstadt des AIDS“. Im Schwarzwälder Boten vom 25. März 2009 war unter dieser Überschrift zu lesen, dass 3 Prozent der Bevölkerung Washingtons mit dem HI-Virus infiziert sein sollen. „Die tatsächliche Zahl liegt noch deutlich höher“, wird Bürgermeister Adrian Fenty zitiert, und die AIDS-Beauftragte der Stadt, Shannon Hader, meint: „Unsere Ansteckungsrate ist schlimmer als die in Westafrika.“ Tatsächlich: Um 22% ist die Zahl der Infizierten seit 2007 gestiegen. Man stehe vor einem Rätsel wie dies trotz der kostenlosen Abgabe von Kondomen geschehen konnte, so die Offiziellen.

Weltweit tragen mindestens 34 Millionen Menschen das AIDS-auslösende HI-Virus in sich, allein 25 Millionen in Afrika. Aufgrund des medizinischen Fortschritts bricht die Krankheit heute später aus als noch vor dreißig Jahren. Zudem leben Menschen nach Ausbruch der Krankheit länger als vor einigen Dekaden. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Die hohe Zahl der Neuinfektionen, gerade in Westeuropa und in den USA, nicht nur in Washington. Hier stecken sich wieder mehr Menschen an als noch zehn Jahre zuvor. Nach Thomas Friedman, Direktor des US-Zentrums für Krankheits- und Epidemiekontrolle, liege das an einem heutzutage „sehr viel riskanteren Sexualverhalten zwischen Männern“. Dennoch liegt der Schwerpunkt der US-amerikanischen Anti-AIDS-Politik im Ausland: Sieben Milliarden Dollar geben die Vereinigten Staaten jährlich für Kampagnen zur AIDS-Bekämpfung in Afrika und Asien aus. Dort gehe es sowohl um Maßnahmen zur Behandlung Kranker als auch um Prävention, so der Koordinator des Programms Eric Goosby. Nächstes Ziel: 4,7 Millionen Männer sollen sich beschneiden lassen, um sich und ihre Partner besser vor einer Ansteckung zu schützen. – Beschneidung: Gestern noch „barbarischer Akt“, heute „lebensrettende AIDS-Prävention“ – der Zeitgeist weht, wo er will.

Und die Kirche? Mir ist nicht bekannt, ob und wenn ja, welche kirchlichen Einrichtungen an der Konferenz teilnehmen. Ich denke, die großen Sozial- und Entwicklungsdienste wie Caritas, Misereor und Adveniat werden Delegierte entsenden. Es zeigt sich aber wieder einmal, wie richtig ihre, also der Kirche Position ist. Denn die Menschen werden nicht krank, weil sie auf den Papst hören, sondern gerade, weil sie es nicht tun. Denn wer sich auf die vom Papst empfohlene Humanisierung der Sexualität einlässt, wird sich und seinen Partner wohl kaum der Gefahr einer tödlichen Krankheit aussetzen, vielmehr nach einem Maximum an Sicherheit streben. Dazu schlägt die Kirche bekanntermaßen vor, die Sexualität als Ausdruck einer lebensbejahenden, auf Dauer angelegten Partnerschaft von Mann und Frau in Respekt und Treue zu leben. Damit, also mit der einfachen Maßnahme, bis zur Ehe enthaltsam zu leben und in der Ehe dem Partner treu zu bleiben, sind 99 Prozent aller Risikofaktoren einer HIV-Infektion vom Tisch. Genau damit konnten in Afrika, vor allem in den katholisch geprägten Regionen, schon erstaunliche Präventionserfolge erzielt werden.

Ohne das hinter der katholischen Sexualmoral stehende Personalitätsverständnis des christlichen Menschenbilds explizit zur Grundlage zu machen, empfehlen auch das UN-Hilfswerk UNESCO und die Weltgesundheitsorganisation WHO einen Ansatz, der Keuschheit und Treue in den Vordergrund stellt: den so genannten ABC-Ansatz, bei dem A (=abstinence; Enthaltsamkeit) und B (=behavior; Verhalten, also Treue) für vorrangig gegenüber C (=condoms; Kondome) erachtet werden. Die größten Erfolge erreicht man mit A, dann mit B und erst dann – als ultima ratio – mit C. Allein mit Kondomen – gratis oder nicht – lässt sich die tödliche Krankheit AIDS nicht besiegen.

25.000 Menschen ringen um die Lösung für eines der größten medizinischen Probleme der Gegenwart. Ich hoffe, dass auch eine/r darunter ist, die/der das ABC der AIDS-Bekämpfung von vorne buchstabiert.

(Josef Bordat)

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